Formel I: Geschichte

Auto-Avantgarde: Die besten Rennwagen aller Zeiten.

1952/53 Ferrari 500 - Elf Siege für Alberto Ascari.

Die Weltmeisterschaft 1952 und 1953 wurde für die seit 1948 bestehende Formel 2 ausgeschrieben, insgesamt 31 unterschiedliche Rennwagen beteiligten sich an der 2-Liter-Formel, in der Ferrari mit dem Typ 500 den Grundstein zu einem Mythos legte. Ing. Lampredi hatte einen Vierzylindermotor entwickelt, der mit zwei obenliegenden Nockenwellen, einem Bohrung/Hubverhältnis von 90x78.Millimeter ein goldener Schuss war. Der Motor besaß Doppelzündung und Weber-Vergaser, die damals als neues Wunder bei der Suche nach mehr PS galten, die Leistung betrug 180 PS bei 7000 U/min, die auf ein Vier-Gang-Getriebe flossen. Alberto Ascari wurde Weltmeister vor Nino Farina. 1953 war das letzte Jahr der 2-Liter-Formel. Der Ferrari 500 mutierte zum Ferrari 553, man hatte das Bohrung/Hub-Verhältnis auf 93 x 73,5 mm geändert, die Leistung stieg auf 190 PS bei 7500 U/min. Ferrari modifizierte im Laufe der Saison dreimal das niedliche Auto, und Ascari produzierte eine Kopie der WM von 1952. Er gewann Argentinien, Holland, Belgien; England und den Grand Prix der Schweiz. Der 625 kg schwere Ferrari trugt Ascari zu insgesamt elf Grand-Prix-Siegen.

1954/55: Mercedes-Benz W196 - Geistesblitz in der Tram.

Mit dem W 196 feierte Mercedes-Benz 1954 sein Nachkriegs-Comeback auf den Grand-Prix-Pisten. Der Motoreningenieur Hans Gassmann hatte im Mal 1952 einen Geistesblitz in der Strassenbahn auf dem Weg in die Firma. Da skizzierte er auf einen Zettel das Prinzip einer Zwangsventilsteuerung, bei der die Ventile nicht durch eine Feder, sondern durch eine Nocke geschlossen werden: Das war die Lösung, um gefahrlos hohe Drehzahlen aus dem 2,5-Liter-Reihenachtzylinder zu holen, der aus zwei Vierzylinderblöcken bestand, dazwischen lag der Mittelabtrieb. Mit einer Direkteinspritzung ging man ebenfalls neue Wege. Beim ersten Start in Reims (Doppelsieg von Fangio und Kling) betrug die Leistung 257 PS bei 8250 U/min. Der Motor war fast völlig querliegend in einem Gitterrohrrahmen eingebaut. Der Monoposto brachte trocken 758 kg auf die Waage. 1955 wurden 290 PS bei 8500 U/min erreicht, drei Sekunden lang waren sogar 9000 Touren zulässig, und die Querbeschleunigung wurde auf 1,0 g gesteigert. Fangio wurde 1954 und 1955 mit dem W196 Weltmeister, er gewann insgesamt acht, Stirling Moss einen Grand Prix.

1962/63: Lotus-Climax 25 - Cahpmans Quantensprung

Heute sind solche Quantensprünge wie dieser von Colin Chapman ersonnene Lotus 25 nicht mehr möglich. Was Jim Clark am 20. Mal 1962 beim Grand Prix von Holland in Zandvoort vorstellte, war eine echte Revolution. Chapman hatte erstmals in einem Formel I verwirklicht, was Jaguar (mit Hilfe von Mike Costin und Chapman) bereits 1954 in dem berühmten D-Typ-Rennsportwagen vorweggenommen hatte: ein Blechkasten-Chassis, genannt Monocoque. Die Konkurrenz sah alt aus mit ihren Rohrrahmen. Zwei Hauptholme aus Aluminium von 30 cm Höhe und I5 cm Breite nahmen die Sprittanks aus Gummi auf. Vier Querspanten aus Stahl versteiften die mit Alublech vernietete Röhre. Clark lag erstmals mit ausgestreckten Beinen wie in einem Liegestuhl auf dem Rücken. Mit 45o kg war der Lotus der leichteste Wagen, Jimmy konnte besser beschleunigen, später bremsen und schneller in die Kurven gehen. Der Climax-V8 steuerte 181 PS bei 8200 U/min zu diesem Paket bei, das 1962 im letzten Rennen eine Ölschraube verlor und Clark um den WM-Titel brachte. 1963 waren alle Kinderkrankheiten auskuriert, Clark gewann sieben von zehn Rennen und wurde Weltmeister.

1975: Eerrari 312/T - Der Höhenflug des Niki Lauda.

Elf Jahre lang hatte Ferrari bis zu dieser Saison I1975 auf einen WM-Titel gewartet. 1975 jedoch wurde mit dem 3I2/T geerntet, was Rennstallchef Luca di Montezemolo, Cheftechniker Mauro Forghieri und die Piloten Niki Lauda und Clay Regäzzoni gesät hatten. T stand für «Transversale», für ein Quergetriebe, das mithalf, im Heck für eine ideale Konzentration der Massen in diesem 575 kg schweren Auto zu sorgen. Der V I80-Grad-Zwölfzylinder mit drei Liter Hubraum und 48 Ventilen leistete bis zu 495 PS bei 12200 U/min, Mauro Forghieri hatte erstmals die Leistung auf 165 PS pro Liter Hubraum getrieben. Ferrari setzte in Fiorano für den 3I2/T ein Testprogramm in Gang, wie es kein Rennstall jemals zuvor durchexerziert hatte. Bereits zwei Tage nach dem verlorenen WM-Finale im Oktober 1974 begannen die Tests, und zunächst hegte sogar Enzo Ferrari Zweifel, ob dieses Auto der große Hammer sei. Doch dann lief die Siegesmaschinerie wie geölt: Niki Lauda gewann die Grands Prix von Monaco, Belgien, Schweden; Frankreich und den USA, Clay Regazzoni siegte in Monza. Lauda holte sich überlegen den Weltmeistertitel 1975, sein Schweizer Teamkollege wurde WM-Fünfter.

1976: Tyrrell P34 - Gott empfahl sechs Räder.

Zu den erstaunlichsten Waffen, die je in der Formel I abgefeuert wurden, zählt der Tyrell-Sechsrad-Rennwagen der Salson I g76. Nach den ersten Tests fuhr der Franzose Patrick Depailler mit Ken Tyrrells Privatwagen von Silverstone kommend in Richtung London, als Tyrrell seinen Piloten fragte: «Du bist jetzt Gott. Die Entscheidung liegt nun bei dir allein. Vier oder sechs Räder?» Der kleine Depailler, der dann vier Jahre später beim Training zum Grand Prix von Deutschland in Hockenheim mit einem Alfa Romeo tödlich verunglückte, antwortete spontan: «Ich bin für sechs Räder.» Damit war der Startschuß für das Projekt 34 des Konstrukteurs Derek Gardner gefallen. Die vier winzigen Vorderräder, für die Goodyear spezielle Reifen entwickelte, eliminierten alle lästigen Untersteuerungstendenzen, die Fahrer konnten früher Gas geben. Das große Siegerauto, das eine Revolution auslöste, wurde der Tyrrell P34 dennoch nicht. «Das lag daran», erklärte Depailler, «dass wir zu wenige Testfahrten machten.» Der Südafrikaner Jody Scheckter gewann 1976 immerhin den Grand Prix von Schweden in Anderstorp. Die Standfestigkeit des sechsrädrigen P34 trug ihn hinter James Hunt und Niki Lauda auf den dritten Rang der Weltmeisterschaft, Depailler wurde WM-Vierter.

1978: Lotus-Ford 79 - Die «Ground effect-Revolution».

Die Lorbeeren für die Erfindung des «Ground effects» ausschließlich über Colin Chapman zu streuen wäre Geschichtsverfälschung. Peter Wright, einer der Ingenieure rund um Chapman, hatte bereits 1968 mit seitlich verkehrt angebrachten Flügelprofilen experimentiert. Er gab die Idee an March weiter, worauf Robin Herd 1970 an seinem March 701 die seitlichen Tanks als Flügelprofil baute. Brabhams Gordon Murray erfand die seitlichen Schürzen, die das erzeugte Vakuum abdichteten. Peter Wright überzeugte dann Chapman von den ungeheuren Möglichkeiten des Saugnapf-Effekts, im Lotus 7g der Saison Ig78 wurde die «Ground effect»-Idee perfektioniert. Mario Andretti wurde 1978 Weltmeister, doch wie fragil das Auto war, kam erst beim tödlichen Unfall seines Teamkollegen Ronnie Peterson zutage. 1979 fuhren die Lotus 79, die noch ein Jahr zuvor Rang eins und zwei in der WM belegten, bereits auf der Kriechspur. Die Konkurrenz hatte den Lotus 79 technisch überholt.

1984: McLaren MP4/2-TAG turbo - Der Megasprung.

Der McLaren MP4/2 mit dem TAG-turbo made by Porsche war das überragende Auto der Saison 1984: Top-Speed, Bremsen, Turbo-Ansprechverhalten, Sprit-Konsum, Aerodynamik und Standfestigkeit waren konkurrenzlos. McLaren-Konstrukteur John Bamard kreierte die Flaschenhals-Form, die Karbon-Monocoques wurden bei Hercules in Salt Lake City gebacken, die französische Firma SEP entwickelte Karbon-Bremsscheiben, die den Bremsweg um bis zu 30 Prozent verkürzten. Kernstück des Erfolges war der von Porsche entwickelte V 60-Grad-Turbo-Sechzylinder, der 800 bis 950 PS leistete. Bei Bosch wurde unter Dr. Udo Zucker das elektronische Steuergerät MP 1,3 entwickelt, das den Motor derart effizient machte, dass Lauda und Prost ihre Gegner im Rennen einfach mit mehr Leistung ärgern konnten, ohne sich um den Verbrauch kümmern zu müssen. Niki Lauda wurde mit einem halben Punkt vor Alain Prost Weltmeister, der den Titel dann 1985 und 1986 im MCLaren TAG-turbo gewann.

1988: McLaren-Honda MP4/4 Turbo - 15 Siege in 16 GP.

Das letzte Jahr der Turbo-Ära: McLaren löste sich von der geistigen Hinterlassenschaft seines Star-Desigers John Bamard, der von Brabham übergewechselte Gordon Murray wurde zum Projektleiter des neuen Chassis, er konstruierte ein völlig neues Monocoque, Honda einen neuenV6-Motor, die Fahrer saßen so tief wie noch nie und zurückgeneigt. Hondas Turbo wurde auf die neue Ladedruck-Reduzierung von 4 auf 2,5 bar ausgelegt. Hatte man mit 4 bar Ladedruck im Jahr zuvor bis zu 1010 PS bei 12000 U/min erreicht, so holten die Japaner mit 2,5 bar eine Leistung von 685 PS heraus. Das Reglement reduzierte das Tankvolumen von 195 auf 150 Liter, Honda konzentrierte sich auf den Spritverbrauch, gleichzeitig entwickelte Shell einen speziellen Sprit. Senna und Prost schafften mit diesem Auto etwas Einmaliges: McLaren gewann I5 von I6 Grands Prix. Senna holte sich 13 Pole-Positions und acht Siege, Prost gewann sieben Rennen. Ayrton Senna wurde 1988 Weltmeister vor Prost.

1992: Williams-Renauft EWl4B - Das Computerfenster.

Das Erfolgspaket McLaren-Honda-Senna wurde 1992 von Williams durch technischen K.O. auf die Bretter geschickt. Mit dem FW 14B schnürte Williams ein High-Tech-Paket ohne Parallelen. Die extreme Aerodynamik wurde durch eine aktive Radaufhängung optimiert, dazu ein halbautomatisches Getriebe, dazu eine Traktionskontrolle. Der aus der Aerodynamik gewonnene Saugnapfeffekt, der unter einem Auto entstand, sollte auf Bodenwellen nicht abreißen. Er reißt jedoch ab, sobald das Auto seine Bodenfreiheit ändert. Strömungsabrisse mussten daher verhindert werden. «Active Ride» nannte Williams sein System, von Citroen abgepaust, wo hydraulische Elemente, durch Computer angesteuert, die kritische Aerodynamik in jenem schmalen «Fenster» festschraubten, in dem sie dem Piloten ihr Optimum bietet. Der Renault-RS4-Motor der zweiten Saisonhälfte leistete 762 PS. Nigel Mansell stand 14mal auf Pole, er gewann neun Rennen und wurde bereits in Ungam Weltmeister 1992.

1998: McLaren-Mercedes MP4/13 - Das Gesamtpaket.

Sicher war der McLaren-Mercedes der Saison 1999 noch extremer, doch der MP 4/13, der 1998 Mika Häkkinen zum Weltmeister machte, war ein brillantes, intelligentes, von Beginn an standfestes Auto, das die Handschrift von Adrian Newey trug. Aber es war nicht nur Newey, es waren nicht nur die Bridgestone-Reifen, es war das Gesamtpaket, der Griff in die Forschung des Daimler-Konzerns. Da war das zweite Bremspedal, das nur die Hinterräder verzögerte, das selektive Bremssystem, das auf Drängen von Ferrari verboten wurde. Schon wurden Dinge unterstellt, wie sie noch kein Formel I hatte: PS-verzehrende Nebenaggregate könnten von Elektromotoren angetrieben werden, es ging um Energierückgewinnung aus Bremsleistung. Auch diese Innovation wurde verboten. McLaren hatte zu Saisonbeginn einen großen Testvorsprung, der von der Konkurrenz nicht mehr aufzuholen war.

 

Zurück