Andere Leute rund um F I

Ingenieure und Techniker

John Barnard.

Für den grossen Enzo Ferrari stand fest: Taugt der Motor etwas, ist ein Rennen so gut wie gewonnen. Der Rennstallchef war bis ins hohe Alter davon überzeugt, daß ein Chassis nur dazu da ist, den Motor zu tragen. Dieser Glaube ist noch heute bei vielen Ferrari-Angestellten verwurzelt.

Für alle Anhänger dieses Irrglaubens waren die 70er Jahre ein Schock: Auf einmal gab es so etwas wie Aerodynamik. Auf einmal konnte auch ein Auto mit schwächerem Ford-Triebwerk siegen vorausgesetzt, es steckte in einem guten Fahrwerk. Es kam noch schlimmer: Die Turbo-Ära katapultierte die Wissenschaft in den Motorenbau. Auf einmal ging es nicht mehr darum, die höchsten Drehzahlen zu erreichen. Nun bestimmten Computer die beste Zylinderfüllung. Es ist kein Zufall, daß 1983 und 1984 die Weltmeister mit BMW und Porsche-Motoren fuhren, die von einer Bosch-Elektroruk gesteuert wurden. Anschließend brach die Ära der Honda-Erfolge an.

Bittere Erkenntnis Ferrari kam zur bitteren Erkenntnis, daß man nicht nur auf dem Chassis-Sektor der Konkurrenz hinterher hinkte, sondern daß auch die Motorabteilung überholt war. Der große Enzo glaubte noch immer an seine Motoren, aber er engagierte dennoch jenen Mann, der als bester Designer der 80er und frühen 90er Jahre galt - John Barnard. . Der Barnard-Effekt lässt sich nicht leugnen: Als John 1981 bei McLaren anheuerte, ging es mit dem Rennstall nach Jahren der Mittelmäßigkeit endlich wieder aufwärts. Das gleiche gilt für Ferrari, wo Barnard erstmals von 1986 bis 1989 arbeitete. Ferrari war damals ein Pflegefall. Ferrari braucht Barnard ebenso wie Barnard Ferrari. Er ist ein Konstrukteur von seltener Brillianz. Aber er benötigt eine gewaltige Infrastruktur, und nur wenige Rennställe können dies garantieren. Nur wenige Teams wären auch bereit, einem Designer auf einen unbekannten Weg zu folgen: Barnards extrem leichtes Getriebe aus Titan und Kohlefaser für die Saison 1996 verschlang eine Unsumme Geld und war für zahlreiche Ausfälle in der ersten Saisonhälfte verantwortlich.

 

Adrian Newey.

Seine Leidenschaft für die Formel I war nicht vorhersehbar. «Mein Vater war Tierarzt», blickt Newey auf seine Kindheit zurück. «Es gab also keine offensichtliche Verbindung zum Rennsport. Er war auch kein leidenschaftlicher Motorsport-Fan - dafür aber ein Hobby-Ingenieur. Er besaß eine eigene Werkstatt, in der er komplette Ausrüstungen zum Schweißen und Löten hatte. Damit hat er viel an Modellautos . herumgebastelt, und er hat auch eine ganze Reihe von Lotus Elan und Mini Cooper umgebaut»
Im pubertären Alter von 14 Jahren besuchte Newey seinen ersten Grand Prix - den Großen Preis von England 1973, «bei dem Peter Revson gewann und Jody Scheckter das halbe Startfeld eliminiert hat». Damit hatte ihn der Renn-Bazillus erfasst.

Vier Jahre später steuerte er seine eigene Karriere an - als Techniker. Er studierte Aeronautik und Astronautik und legte sich damit früh auf das Feld fest, für das er heute berühmt ist: Die Lehre vom Luftstrom. «Mein Ziel war seit Silverstone, einen Beruf im Motorsport zu ergreifen. Mir ist relativ schnell aufgegangen, daß Rennwagen den Flugzeugen näher verwandt sind als den Straßenautos. Die Verbindung beschränkt sich dabei nicht nur auf die Aerodynamik, sondern auch auf die Art der Konstruktion, des Zusammenbaus und heute auf die Elektronik.»

Newey studierte in Southampton, jener ruhigen englischen Hafenstadt, die . vor allem als Heimathafen der Titanic bekannt ist. In der Universität befand sich ein Windkanal, den damals viele englische GP-Teams benutzten - darunter March, Brabham und McLaren.
«Da konnte ich mir einiges abgucken», erinnert sich Newey «1980 habe ich dann angefangen, mich nach einem Job umzuschauen. Ich habe wie jeder Anfänger das tut- tapfer alle F1-Teams angeschrieben, deren Adressen ich irgendwie auftreiben konnte. Die meisten haben gar nicht geantwortet. Und diejenigen, die zurückschrieben, hatten keine freien Stellen. Oder sie suchten Leute mit Erfahrung. Es war enttäuschend.»

Newey beschloß, es eine Stufe weiter unten zu versuchen: «Ich habe mich an Tiga gewandt, die damals Formel-2-Autos gebaut haben. Die waren interessiert, hatten aber kein Geld, mich zu beschäftigen. Ich hatte mich damit abgefunden, eine Doktorarbeit über Rotorblätter zu schreiben, da hat mich Dr. Harvey Postlethwaite angerufen - zwei oder drei Monate, nachdem ich einen Brief ans Fittipaldi-Team geschrieben hatte.»

Das Job-Interview nahm einen ungewöhnlichen Verlauf: Newey reiste auf einer Ducati 900 SS an, während der 1999 verstorbene Postlethwaite damals eine Moto Guzzi Le Mans sein Eigen nannte. Voller Begeisterung fragte der erfahrene Ingenieur den Studienabgänger, ob er eine Runde auf dessen Ducati drehen dürfe - das Eis war gebrochen, das eigentliche Einstellungsgespräch nur mehr Formsache. Adrian Newey war in der Formel I !

«Ich sollte im Aerodynamik-Team arbeiten - aber mir wurde nicht gesagt, daß das Aerodynamik-Team nur aus mir bestehen würde», grinst Newey «Der Fittipaldi F8 war ein vom Grundkonzept her gutes Auto. Leider hatten wir kein Geld, um es weiterzuentwickeln.»

Als der Fittipaldi-Rennstall zerbrach, hatte Newey sich einen solch guten Namen gemacht, daß jeder der Ingenieure ihn zu seinem neuen Arbeitgeber mitnehmen wollte: Postlethwaite zu Ferrari, Peter Warr zu Lotus und Peter MacIntosh zu March.
Adrian entschied sich für March, «weil ich dachte, daß man bei einem grössen Rennwagenbauer mit verschiedenen Abteilungen am meisten lernen kann».
Eintönigkeit gab es für Adrian bei March tatsächlich nicht.

«Nach dem ersten Rennen feuerte mich Christian Danner als Renningenieur in der Formel 2; Johnny Cecotto dagegen wollte mit mir zusammenarbeiten. Doch nach nur einem Test wurde ich zum Sportwagen-Projekt versetzt, das chronisch unterfinanziert war. Der GTP war ein ungeliebtes Kind», weiß Newey «Weil meine letzten Studien an der Uni sich mit Ground Effect befaßt hatten, sollte ich den Wagen verbessern.»
March-Boss Robin Herd gab kein Budget frei, so daß Newey den Wagen pi mal Daumen modifizierte und ihn 1983 bei den 24 Stunden von Daytona erstmals einsetzte - willkommen in der IMSA-Serie.

«Das Auto wurde in der Woche vor dem Rennen fertig, und ich konnte nur zwei oder drei Mechaniker von March mitnehmen», erschauert Newey noch heute. «Als wir ankamen, lernten wir den Mann kennen, dem Herd das Auto verkauft hatte: Ein reicher Amerikaner, der meinte, er sei mit seinem Straßen-Ferrari recht flott unterwegs, also könne er ruhig Daytona fahren. Wir konnten ihn zum Glück davon abhalten. Zwei seiner anderen Fahrer waren nicht schlecht: Terry Wolters und Marty Hinze, der dritte, Randy Lanier, hatte Brillengläser, die so dick waren wie der Boden einer Milchflasche.»

Trotz abenteuerlicher Voraussetzungen führte der March bis zum frühen Morgen. Im heftigen Regen drang Wasser in die Vergaser, der GTP wurde dennoch achtbarer Zweiter. Als Al Holbert sich der Sache annahm und in den March einen Porsche-Motor installierte, wurde das Projekt seriöser - doch Newey hatte längst die nächste Karrierestufe im Auge: Er wollte für Bobby Rahal in der CART Serie arbeiten.

 

Zurück